Donnerstag, 14. Februar 2013

Berlinale 2013: Weltpremiere von "Powerless" - ein spannungsgeladener Dokumentarfilm

Powerless ist ein Dokumentarfilm über die Stromversorgung der indischen Großstadt Kanpur, stellvertretend für ganz Indien und belichtet all die Umstände, die zu einem schier unlösbaren Stromversorgungsproblem führen. In Kanpur großgeworden, kennt der Regisseur den Protagonisten Loha Singh selbst sehr gut und vor allem hat er die existenzgefährdenden Blackouts hautnah miterlebt. Loha Singh ist in Kanpur eine Legende, weil er einst einen explodierenden Transformator überlebt hat. Seine Hände sind gezeichnet von seiner lebensgefährlichen Aufgabe, ärmere Familien und Kleinstunternehmer mit Strom zu versorgen, und zwar mittels „Katiyas“, Leitungen, die den Strom illegal abzweigen. Er hat etliche Brandwunden und durch Stromeinschläge verunstaltete Finger. Seiner Mutter macht er damit das Leben schwer, sie hat ihm schon etliche Krankenhausaufenthalte finanzieren müssen, aber er kann nichts anderes und sieht sich als eine Art Held, gegen die großen Energiekonzerne zu kämpfen und den Armen zu helfen, die sich keine zwei Mahlzeiten leisten können und erst recht keinen Strom und den kleinen Fabriken, deren Existenz so sehr abhängig sind vom Strom. Auf der Gegenseite kämpft Mrs. Ritu Maheshwari vom Stromkonzern KESCO. Sie versucht, gegen die illegalen Stromabzweigungen zu kämpfen und die Leute zum Bezahlen ihrer Stromrechnungen zu bewegen, denn ohne dieses Geld kann weder in die Verbesserung der Infrastruktur, noch in den Ausbau der Kraftwerke investieren und immer weniger Strom produziert werden.

Powerless
(Bildquelle: http://www.berlinale.de/de/programm/berlinale_programm/datenblatt.php?film_id...)

 

Diese beiden Seiten werden so neutral beleuchtet, dass der Zuschauer sich sehr gut in beide Betrachtungen hineinversetzen kann. Man steht zwar wieder machtlos vor einem schier unlösbaren Problem, denn wie der Film zeigt, wird sich auch in den nächsten Jahren wohl nichts an dieser fortschritthemmenden Situation ändern, wenn Korruption und Politik jegliche Veränderung verhindern. Die Politiker versprechen jedes Jahr Besserung, aber niemand schafft es, die bisherigen Strukturen aufzubrechen. Auch nicht  Mrs. Ritu Maheshwari, die am Ende ihren Posten abgeben muss. Gewiss, es gibt auch die „VIP“-Bereiche in den Städten, wo die Reichen wohnen. Dort funktioniert die Stromversorgung weitaus besser, die Infrastruktur ist besser ausgebaut, die Transformatoren sind neu, die Kabel hochwertiger. Aber der Rest der Stadt ist Gott überlassen.

Es sind spannungsgeladene Bilder, die der Zuschauer zu sehen bekommt. Überall sprühen Funken. Da wird dann mal eben etwas Wasser auf einen brennenden Transformator gegossen oder mit nasser Erde beschüttet. Lebensgefährliche Situationen am laufenden Band, aber bittere Normalität. Wenn es zu den Blackouts kommt, erfährt der Zuschauer, was diese Stromausfälle alles nach sich ziehen. Kein Wasser, alle Maschinen stehen still, nichts geht mehr. Als Notbehelf gibt es überall Dieselgeneratoren, die die ganze Stadt mit Abgasen belasten. Besonders schlimm ist es für das Krankenhaus, in denen die Minuten der Überbrückung des Stromausfalls schon über Leben und Tod entscheiden können.

Die abenteuerliche Stromversorgung war mir schon in dem wunderbaren Film „Outsourced“ aufgefallen. Nach einem Wasserschaden muss das CallCenter kurzerhand aufs Dach ausweichen und ein kompetenter Stromleitungsbastler kann helfen, dass das CallCenter ohne große Umstände schnellstmöglich wieder an den Stromkreislauf angeschlossen werden kann.

Outsourced

(Bildquelle: OUTsourced)

Das war schon sehr beeindruckend, aber nochmal so ausführlich und im realen Leben diese Bedingungen vor Augen geführt zu bekommen, die für uns stromverwöhnten Menschen schier unglaublich scheinen, war schon fantastisch und wird sicher noch lange nachwirken.

Zum Hintergrund ist noch zu sagen: eine Drehgenehmigung für diesen Dokumentarfilm zu bekommen schien nahezu unmöglich. Die Filmmacher hatten schon mit so vielen Leuten gesprochen, aber es bewegte sich nichts. Bis eines Tages, es war gerade im Umbruch der Wahlen und einige wichtige Leute wurden durch andere ersetzt, ein Teammitglied auf die Idee kam, die Regisseuren als Nichte eines dieser neu eingesetzten Politiker vorzustellen. Prompt gab es eine Unterschrift für das Filmprojekt, das schon fast nicht mehr realisierbar schien. Ein Glück für alle Zuschauer.

Insgesamt hat das Team 50 Stunden Film produziert, aus denen dann 80 Minuten Hochspannung produziert wurde.  Hoffentlich explosiv genug, um tatsächlich eine bewegende Diskussion über dieses Thema anzuregen.

 

 

 

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